Di.
05.02.2002
Beim Namen genannt Grass vergleicht Stoiber mit Haider und Berlusconi
Grass übt scharfe Kritik an Stoiber Di. 05.02.02 - Der Literaturnobelpreisträger Günter Grass hat scharfe Kritik am Kanzlerkandidaten der Union, Edmund Stoiber, geübt. Der Schriftsteller verglich Stoiber in einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit dem Rechtspopulisten Jörg Haider und dem italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi und machte den CSU-Politiker für den Rechtsradikalismus in Deutschland mit verantwortlich. Im ersten TV-Interview zu seinem neuen Buch "Im Krebsgang" sagte Grass im NDR-Kulturjournal: "In Gestalt des Kandidaten zeichnet sich etwas ab, was wir in einigen Ländern Europas schon haben. Haider, Berlusconi sind ja nicht ohne Grund regelrecht Freunde von Herrn Stoiber." Es drohe eine Verlängerung der Entwicklungen in Italien und Österreich. Grass macht den bayrischen Kanzlerkandidaten für den Rechtsradikalismus in Deutschland mit verantwortlich. "Das Problem sind nicht allein die Skins, die zuschlagen. Das ist schon schlimm genug." Zwar sprächen viele Politiker vom NPD-Verbot, würden aber "indem sie wie Herr Stoiber vor der ‚Duchrassung des deutschen Volkes' warnen, diesem rechtsradikalen Potenzial das Maul reden. Und das ist die wahrscheinlich noch größere Gefahr." CSU-Generalsekretär Goppel sagte der Tageszeitung "Die Welt", Grass erweise sich "als mieser Blechtrommler in der Kavallerie der Links-Literaten". Grass werde alt, wenn ihm keine andere Werbung für sein neues Buch einfalle, wurde der CSU-Politiker zitiert. Grass kündigte an, sich "notfalls" auch im bevorstehenden Bundestagswahlkampf zu engagieren. Dabei werde er SPD und Grüne jedoch keineswegs blindlings unterstützen. Wenn er Fehler sehe, nenne er sie beim Namen. Er wolle aber nicht, dass grundsätzliche Reformen der Regierung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), wie der Atomstopp oder die Änderungen in der Landwirtschaft wieder zurück genommen würden. Grass neues Buch "Im Krebsgang" erscheint Grass neues Buch, die Novelle "Im Krebsgang", erscheint heute im Verlag Steidl. Es handelt, mit vielen Gegenwartsbezügen, vom Untergang des deutschen Flüchtlingsschiffs "Wilhelm Gustloff" im Januar 1945. Marcel
Reich-Ranicki, der heute erstmals in der neuen ZDF-Reihe
"Reich-Ranicki Solo" als Alleinunterhalter auftritt (22:15 Uhr),
wird sich unter anderem mit der lang erwarteten Grass-Novelle
beschäftigen. Nachtrag vom 06.02.02: Reich-Ranicki lobt neue Novelle von Günter Grass Nach seinem verheerenden Verriss des Günter-Grass-Romans "Ein weites Feld" von 1995 hat der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki jetzt das neue Buch des Literatur- Nobelpreisträgers überschwänglich gelobt. Die Novelle "Im Krebsgang" gehöre "zum Besten und Erschütterndsten, was Grass in seinem Leben geschrieben hat, zum Besten, was die deutsche Literatur in den letzten Jahren zu bieten hat", sagte Reich-Ranicki am Dienstagabend in seiner erstmals ausgestrahlten ZDF-Sendung "Solo". Er habe während der Lektüre an einigen Stellen Tränen in den Augen gehabt. "Wenn mich eine Geschichte zu Tränen rührt, dann ist es, sage ich hochmütig, gute, große Literatur." In der Novelle erzählt Grass die historische Tragödie des Passagierschiffs "Wilhelm Gustloff", das im Januar 1945 von einem russischen U-Boot in der Ostsee versenkt wurde. Dabei starben etwa 9000 Menschen, darunter viele Flüchtlinge einschließlich Frauen und Kinder, aber auch Soldaten, die an Bord waren. Das Schiff habe
in der Nazi-Zeit jene klassenlose Gesellschaft symbolisieren sollen,
die Hitler angeblich anstreben wollte, sagte Reich-Ranicki und
erinnerte daran, das alle Passagiere auf der vor dem Krieg als
Erholungsschiff genutzten "Wilhelm Gustloff" die gleichen
Kabinen hatten. Bei Grass symbolisiere das Schiff den Untergang des
"Dritten Reiches", eine nationale Katastrophe oder, wie es der Autor
selbst formuliere, ein "deutsches Requiem", einen maritimen
Totentanz. Er hoffe, dass mit der Novelle ein neuer Abschnitt im
Lebenswerk von Grass beginne und ähnliche Werke folgten,
die "unsere Bewunderung finden werden", sagte Reich-Ranicki. Nachtrag vom 15.02.02: Günter Grass mit "Im Krebsgang" auf Anhieb Platz 1 der Bestsellerliste Mit seiner Novelle "Im Krebsgang" ist Literatur- Nobelpreisträger Günter Grass aus dem Stand auf Platz 1 der "Spiegel"-Bestsellerliste gesprungen. Das sei ihm zuletzt 1977 mit dem Roman "Der Butt" gelungen, berichtete das in Dortmund erscheinende Fachmagazin "buchreport" in seiner aktuellen Ausgabe. "buchreport" stellt die "Spiegel"-Bestsellerliste zusammen. Das Buch, das erst seit gut einer Woche in den Buchhandlungen liegt, ist nach Angaben des Göttinger Steidl Verlages bereits in 400000 Exemplaren gedruckt. Täglich würden 50 000 Exemplare nachbestellt. Die immense Nachfrage hatte selbst den Verlag überrascht. Das neueste Werk des Schriftstellers löste Diskussionen um das Thema Flucht und Vertreibung aus. Grass schildert darin die Versenkung des mit Flüchtlingen besetzten "Wilhelm Gustloff" im Januar 1945 nach einem Torpedobeschuss durch ein sowjetisches U-Boot. Den Angriff, bei dem mehr als 9000 Menschen umkamen, war nach Einschätzung des Schriftstellers "eine Katastrophe, aber kein Verbrechen". Der russische U-Boot-Kommandant, der das Schiff versenkt hat, "hat sich korrekt verhalten". Die Bombardierung Dresdens aber war für Grass, anders als die Flüchtlings-Tragödie in der Ostsee, ein Verbrechen. "Der Krieg war von den Alliierten im Februar 1945 schon gewonnen, und sie wussten, dass die Stadt voller schlesischer Flüchtlinge war." Auf das Lob des
Kritikers Marcel Reich-Ranicki, der in seiner neuen Fernsehshow seine
Rührung bei der Lektüre der Flüchtlings-Novelle
offenbarte, reagierte Grass nur verhalten: "Meine Frau und ich haben
den Auftritt gemeinsam gesehen und gelächelt." Im Falle
Reich-Ranicki, der "Ein weites Feld", das vorletzte Buch von Grass,
gnadenlos verrissen hatte, sei es "egal, über welche Bücher
er redet. Er spricht eigentlich immer über sich." (Quelle: ots) Günter Grass - Novelle "Im Krebsgang" Kurzbeschreibung: Lese-und
Hörprobe: Rezension,
Süddeutsche Zeitung vom 5.2.2002: Biographie:
Günter Grass, geb. 1927: Ton- und
Filmaufnahmen von, mit und über Günter Grass:
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